Ewer HochEdelgebohrnen bin gehorsamst für die Dissertationes und den Heineccium verbunden,
ich habe schon auf verlangen eines hier studirenden Berolinensis an einer
Disser[ta]tion von der Materie de connubio angefangen zu arbeiten, es ist mir nun
aber der H. Rath Ayrer zuvorgekommen, deßen
Ausführung dieser materie ist so wohlgerathen, daß ich mich fast entschließen
werde mit meiner zurückzubleiben, woferne ich nicht noch einige punckte finden
sollte, welche von dem Hn Rath nicht berühret worden, weil ich mich in den
ausgeführten mit gutem Grund auf deßen Commentation berufen kan.
Ich habe heute meine neuen Collegia angefangen, und will also die Zeit nicht
erlauben umstandlich zu schreiben, daher nehme mir nur die Ehre zu berichten, daß
ich dem Hn Schwieger-Papa alles umständlich und mit den vernünftigsten Gründen
ohne alle passion vorgestellet, damit es nicht das Ansehen habe, als ob ich aus
einer alten Feindschaft wieder den Hn. S[egner] handelte. Dieses ist überdem
meine art nicht, ich beurtheile keine Sache nach affecten, sondern nach der
wahrheit. Es ist wahr, ich bin ehedeßen von H. S. auf das aller empfindlichste
beleidiget worden
Die betrübte Nachricht von dem fortdaurenden Verdruß ist mir sehr empfindlich
gewesen. Ich habe solches schon zuvor vermuthet, denn ich kenne H. S[egner] schon
seit vielen Jahren, er hätte wahrlich ein hartes NB verdienet. Es ist
freylich billig, daß man seinen Feind vergebe und denselbigen mit Sanftmuth zu
begegnen suche, allein ich glaube nicht, daß dadurch justa defensio verbothen
werde. Wenn mein Feind sich nicht durch meine Sanftmuht will bewegen laßen, seinen
Sinn zu ändern, so glaube sicherlich, daß ich verbunden, demselben unter solche
Umstände zu bringen, daß er nicht ferner schaden könne. Dieses aber geschiehet
justa et legitima defensione. Wohin dieses?
Meine
Frau wird das vergnügen haben Ewer Wohlgebohrnen gegenwärtiges zu
überbringen. Nichts würde mir angenehmer gewesen seyn, als wenn meine umstände
hätten erlauben wollen, selbige zu begleiten. Ich habe zwar das Rectorat
niedergeleget, muß aber jetzo darauf bedacht seyn, wie ich in meinen collegiis
wieder einhohle, was bishieher versäumen müßen. Sollte meine Frau unbequemlichkeit
verursachen, bitte selbige sogleich wiederzusenden. Ubrigens will wünschen, daß
die dasige Luft sehr ersprießlicher, als die selbige vor einen Jahr gewesen, weil
ich dazumahl meine Frau in dem grösten Mißvergnügen wiederum aus Gottingen zurück
bekommen.
Die Zeitungen, Disputationes [etc.] habe ich richtig erhalten, und diese sind mir
um desto angenehmer gewesen, weil ich dabey von Ewer Wohlgebohrnen glucklichen
Genesung bin benachrichtiget worden. Ich habe bey diesen Umständen erfahren, was das
heist, einen treuen und redlich gesinneten Schwager in Todes-Gefahr zu sehen. Gott
wolle Dero Fata also dirigiren, daß Dero Hauß unter Dero Fürsorge noch viele Jahre
im vergnügen leben könne, als welches ich aus treuer Regung wünsche. Von Hier
werde ich bey ehester Gelegenheit einige Medica übersenden. In Camsdorf habe ich
meinen verwalter weggejaget, und muß
ich jetzo meiner Frauen, als welche sich
bestens empfehlet, bis Michaelis mit der Besorgung dieser Wirthschaft beschwerlich
fallen. Ich habe vieles in dieses Gute verwendet, von
welchem ich jetzo erst den Nutzen schöpfen kann, daher will ich es nicht gerne
verpachten. Man muß aus zweyen ubeln
Die erhaltene Nachricht von Ewer Wohlgebohrnen Wohlbefinden ist mir besonders
angenehm gewesen. Es wird nicht nothig seyn daß ich erstes Bezeugen abermahl mit
einem wunsch verknüpfe, zumahl ich versichert bin, daß Ewer Wohlgebohrnen an
meiner aufrichtigen Gesinnung nicht zweiffeln werden. Dero angenehme Umstände sind
hinreichend, auch mein Gemüthe zu beruhigen. Es ist dieses eine nothwendige Folge
aus einer mit Hochachtung verknüpften Freundschafft, und dieses ist der Zustand
meines Gemüthes gegen Ewer Wohlgebohrn.
Ewer Wohlgebohrnen wollen meine Langsamkeit in der Beandworthung Dero geehrtesten
zuschrifft bestens endschuldigen. Bey dem zu Ende gehen meiner Collegiorum werde
ich insgemein mit geschäfften fast überhäufft, und dieses ist auch jetzo die
Ursache meines Stillschweigens gewesen.
Mit desto größerem vergnügen statte ich Ewer Hochwohlgebohrn meinen aufrichtigen
Glück-wunsch ab zu der erlangten würde, weil dieses abermahl ein ausnehmendes
zeichen ist von der Gnade eines so weisen Königs. Mein wunsch fur Dero wohl
bleibet fortdaurend, und ich empfehle mich dabey ferner zu Dero Gewogenheit und
Freundschafft, welche ich ohne Schmeicheley unter dasjenige zehle, was mir in der
Welt am angenehmsten ist.