Zinn, Johann Gottfried (1727-1759)

Prof. der Medizin in Göttingen
ID 01168
hallerNet: 4. April 2023
Datenqualität
Korrespondenz mit Albrecht von Haller
Angaben aus Repertorium
Beginn der Korrespondenz
27. Juli 1750
Ende der Korrespondenz
24. März 1759
Kurze Charakterisierung
Das beherrschende Thema der Korrespondenz ist Z.s Bitte um Unterstützung in seinem Bemühen um die Erlangung einer ausschliesslich der Anatomie gewidmeten Stelle. Zuerst erwägt Z. mögliche Anstellungen als Dozent in Ansbach oder als Professor in Braunschweig bzw. Kopenhagen [1751]. Das durch AvH vermittelte Angebot einer Stelle als Prosektor und dann als ausserordentlicher Professor der Medizin in Göttingen nimmt er dankend an. Bereits vor Antritt seiner Stelle macht Z. auf Schwierigkeiten aufmerksam, die sich durch die Zusammenarbeit mit J.G. Roederer [K] ergeben könnten [1752]. Diese werden offenbar, nachdem AvH Göttingen verlassen hat, und dessen Professur zwischen Roederer und Z. aufgeteilt worden ist. Z.s Funktionen und Befugnisse sind unklar definiert. Er kümmert sich v.a. um physiologische Probleme, ist aber im ganzen anatomischen Bereich dem ihm feindlich gesinnten Roederer untergeordnet und erhält zuwenig Gelegenheit zur Sektion und zur Durchführung von Tierexperimenten. Auch in J.G. Brendel [K] erblickt er einen Gegner. Z. denkt daher an eine Bewerbung um die freigewordene Professur in Groningen, AvH.s Fürsprache in Hannover und die Z. wohlgesinnten P.G. Werlhof [K] und G.A. von Münchhausen [K] halten ihn aber davon ab, den letzten Schritt zu tun [1753]. Die Ernennung zum ausserordentlichen [1754] und schliesslich ordentlichen Professor [1755] der Botanik sind für Z. zwar ein Grund zur Freude, sie verhelfen ihm aber nicht zu einer Verbesserung seiner Stellung in der Anatomie. Zudem wird Z. nun auch von J.D. Michaelis [K], dem er zuvor als einzigem in Göttingen noch vertraut hatte, angegriffen, da dieser ihm nun als Sekretär der «GdW Göttingen [K]» das früher von AvH bewohnte Haus streitig machen will [1754-55]. Auch mit dem Tod von Brendel verbessert sich Z.s Situation nicht, da Roederer entgegen seiner ursprünglichen Beteuerung nicht bereit ist, Z. die ganze Anatomie zu übertragen [1758]. Neben den Erörterungen zu seiner beruflichen Lage gibt Z. mehrfach Nachricht von neuen anatomisch-physiologischen Beobachtungen, so z.B. betreffend die Insensibilität der harten Hirnhaut [1751, 52, 55, 56], die Struktur der Nervenscheiden [1752] oder einzelne Teile des Auges in Zusammenhang mit der Erarbeitung seines diesbezüglichen Werks («Zinn 1755») [1752-55]. Der ganze Briefwechsel wird begleitet von einzelnen Pflanzenbeschreibungen, Mitteilungen über Bücher-, Pflanzen- und Geldsendungen sowie über einzelne Mediziner und Botaniker in- und ausserhalb Göttingens. Weitere Themen sind: Z.s Aufnahme in die «GdW Göttingen [K]» [1752], ein handschriftliches Inventar des Göttinger botanischen Gartens [1753], in Göttingen fehlende anatomische Instrumente [1753], AvH.s Rezensionen für die «GGA» [1753], Z.s Heiratsabsichten [1754-55], in Göttingen für AvH zu stechende Tafeln und zu druckende Bücher (insbesondere «*Icones anat. 1743-56») [1754-57], Schwierigkeiten der GdW mit E. Luzac [K] betreffend die «Commentarii Göttingen» [1755], Schwierigkeiten mit den Gärtnern des botanischen Gartens [1756], das weitere Schicksal der vom Studenten Karl Philipp Andersch (1732-1777) gezeichneten Tafel der Herznerven [1757], die Besetzung der Stadt Göttingen durch die Franzosen [1757-58] und Z.s gesundheitliche Probleme [1758-59]. Mehrfach erwähnt werden I. de Colom-Duclos [K], G.C. Hamberger [K], J.P. Kaltenhofer [K], J.F. Meckel [K], J.R. Neuhaus [K] und S.F. Neuhaus [K] (betreffend Schulden des Sohnes in Göttingen), G.C. von Oeder [K], A. de Pont [K], M.B. de Pont-Witz [K] (finanzielle Probleme), Jacques Renier, A. Vandenhoeck-Parry [K] und R.A. Vogel [K]
Sachregister
Anatomie / Entdeckungen
Auge / Anatomie
AvH / Göttingen / Schüler
AvH / Werke / Druck u. Vertrieb
AvH / Werke / Rezensionen
Büchersendung / an AvH
Finanzielles (Privatleute)
GdW Göttingen / Aufnahme von Mitgliedern
GdW Göttingen / Verlegung 'Commentarii'
GGA / Rezensionen
Göttingen
Göttingen / Buch- und Verlagswesen
Göttingen / Neuigkeiten aus
Göttingen / Universität / Anatomie
Göttingen / Universität / Berufungen, Professuren
Göttingen / Universität / Botanischer Garten
Göttingen / Universität / Prosektur
Heirat
Herz / Nerven
Instrumente
Krieg / Siebenjähriger Krieg / Folgen in Göttingen
Nerven / Anatomie
Pflanzen- und Samentausch
Sensibilität / der Hirnhäute
Stellenvermittlung
Tierexperiment
Universität / Braunschweig (Carolinum)
Universität / Groningen
Universität / Kopenhagen
Universitäten / Professur / Vermittlung
Erwähnte Institution
Notizen zu weiteren Briefinhalten
Bis und mit 1753 Briefe einzeln zusammengefasst, dann jahrweise. und Z. bittet AvH um Rat bei der Auswahl einer Frau. Er findet dann eine entzückende Frau in Schwabach. Z. weilt in Schwabach (Oktober 1754), wo sich im mehr Gelegenheit als in Göttingen bietet, Augen zu sezieren [1754].Bücher-, Pflanzen- und Geldsendungen. Z. wurde zum ordentl. Prof. ernannt [], dies hilft ihm aber in seiner unglücklichen Stellung in der Anatomie nicht weiter, zu der er sich äussert. Z. wird am heiraten. Kurze Berichte von einzelnen Kollegen in Göttingen und an anderen Univ. Z. erwartet mit ruhigem Gefühl das Urteil der Gelehrten über sein Buch über die Anatomie des Auges (<Zinn 1755>). Z. bedauert, sich Michaelis anvertraut zu haben, welcher ihm das ehemalige Haus AvH.s streitig machen will, welches gut für die GdW Göttingen geeignet sei. Werlhof schrieb Z. aber Ende letztes Jahr, dass er AvH.s Haus nur deswegen "ad interim" bewohne, weil er es bei einer allfälligen Rückkehr AvH.s abgeben müsse; sonst mache ihm das Haus aber niemand streitig. Z.s finanzielle Lage ist auch nicht rosig. Er glaubt, Münchhausen sei ihm wohl gesinnt, weniger evtl. Werlhof, welcher wohl durch J.M. Gesner [K] glauben gemacht wurde, Z. sei eine widerspenstige Person. Berichtet von bot. Exkursionen und Arbeiten (Abb. von Helleborus, Carvifolia). A. Vandenhoeck-Parry [K] sieht Probleme für die Hrsg. von AvH.s grossem physiologischen Werk in Anbetracht der Abwesenheit des Autors. Werlhoft teilte mit, dass wenn Brendel weiterhin keinen Unterricht zur prakt. Medizin halten werde, man gezwungen sei, einen Auswärtigen als Professor dazu zu berufen. Z. befürchtet dadurch noch weniger Chance zu einer guten Stellung zu erhalten. Als Reaktion auf Z.s Buch wird in Göttingen den Studenten gesagt, Z. vernachlässige wegen seiner übermässigen Liebe zur Anatomie andere Dinge. Z. hat im anat. Theater kein Recht ausser das, was ihm Roederer zugesteht; es hängt davon ab, ob Z. überhaupt eine Leiche zur Sektion erhält. Zudem wird die Durchführung von Tierexperimenten verhindert, und wenn Z. solche durchführen kann, hat er keinen Helfer und keine Zeugen. Damit verlieren sie aber jegliche Kraft. Ansonsten hätte Z. schon Experimente zur Verteidigung von AvH.s Lehren durchgeführt. Z. kann zur Zeit nur Botanik und materia medica studieren. Wenn AvH es wünscht, kann er die Experimente auch zu Hause und weniger feierlich durchführen. Er berichtet danach, schon Experimente zur Insensibilität der Dura mater und der Sehnen durchgeführt zu haben. Betr. AvH.s Rezensionen in den <Relationes>. Dr. Leonhard (evtl. Philipp Conrad Leonhard) war hier, geht nach Lüneburg, ein zu verachtender Mensch. Schwierigkeiten der GdW Göttingen mit É. Luzac [K] betr. der <Commentarii Göttingen> [1755].Bücher-, Pflanzen- und Geldsendungen. Betr. dem Druck von Werken AvH.s in Göttingen (insbes. <*Icones anat. 1743-56>). Schickt seine Exp. zur Insensibilität. Z. versuchte Frau Vandenhoeck schon öfter zu überzeugen, dass sie AvH.s Physiologie Bousquet übergebe, dessen Konditionen sie denn auch annimmt. Die Tochter Rougemont wird einen Medizinstudenten heiraten. Kurze Berichte von einzelnen Kollegen in Göttingen und an anderen Univ. Der Streit zwischen der GdW Göttingen und Luzac ist nun voll ausgebrochen. Betr. Rezensionen seiner Anatomie des Auges. Z. arbeitet an an einer Schrift über Salbei. Die beiden Gärtner haben beinahe die Hälfte des bot. Gartens mit ihrem eigenen Gemüse besetzt. Z. möchte gerne von AvH die Bestimmungen wissen, welche betr. der Aufteilung des Gartens ursprünglich getroffen wurden. Der eine Gärtner versteht überhaupt nichts von den Pflanzen. Betr. versch. Pflanzen, Arbeit am Katalog des bot. Gartens (<Zinn 1757>). Berichtet von eigener fiebriger Krankheit. Möchte sein Buch an auswärtige gelehrte Gesellschaften schicken, von denen er Mitglied werden möchte, und wünscht sich AvH.s diesbezüglichen Rat [1756].Pflanzen- Bücher- und Geldsendungen. Tafel von Andersch, die er AvH schickt (vgl. <*Ad figuram nervorum cordis 1772>). Den Text besitzt Luzac, die letzten Seiten des Manuskripts fehlen. Wenn AvH das Werk veröffentlichen möchte, muss er von den Eltern die die Kupfertafel erhalten und das Ganze bei Luzac drucken lassen. Z. teilt später mit, Luzac habe die Kupfertafel von Andersch zurückgekauft. Weitere Erörterung der Probleme betr. einen möglichen Druck des Werks. Z. wird in der nächsten Sitzung der GdW Göttingen über die Pupillenbewegung sprechen. Zu seiner Arbeit am Katalog des bot. Gartens. Z. leidet an Ischias-Schmerzen und geht an Krücken. Die Franzosen haben Göttingen besetzt, es sind rund 4'000 Mann, zumeist Schweizer. Die Geschäfte an der Univ. werden dadurch zuerst nicht stark gestört, dann verlassen die Studenten die Univ. aber scharenweise, insbesondere nachdem man daran ging, ein Spital für die Geschlechtskranken (verursacht durch das Militär) zu errichten. An Arbeit im anat. Theater ist nicht zu denken. Auch Professoren werden gezwungen, Soldaten in ihre Häuser aufzunehmen. Z. dankt für AvH.s Fürsprache bei der AdS dell'Isitituto di Bologna, deren Mitglied er nun wurde. Bittet um Empfehlung für Mitgliedschaft in Royal Soc. London [K]. Arbeit im bot. Garten [1757].Pflanzen- Bücher- und Geldsendungen. Befürchtet Schaden für die Univ. durch den Krieg, insbesondere fürchtet man sich vor den grossen Spitälern für die grosse Anzahl Kranken, welche hier errichtet werden. Brendel ist gestorben, und Z. hofft auf eine Verbesserung seiner Position in der Univ. Roederer hat erklärt, er übernehme gerne die praktische Medizin und überlasse Z. vollständig die Professur der Anatomie. Z. äussert sich mehrmals über die versch. Möglichkeiten und bittet AvH mehrfach um Fürsprache bei Münchhausen. Falls keine externen Professoren berufen werden sollen, so ist Z. zuversichtlich. Roederer antwortete dann aber auf das Reskript entgegen seiner früheren Erklärung, er sei bereit die Professur der Chirurgie anzunehmen, möchte aber die Anatomie behalten. Er tat dies, da er befürchtete, es werde zudem ein auswärtiger Professor berufen. Werlhof und Münchhausen schrieben an Z., dass sie Roederer gegen dessen Willen nicht zwingen könnten, die Anatomie-Professur abzulegen. Michaelis mischt sich zudem mit Verleumdungen in die Sache ein. Die Studenten kritisieren Roederers Nachlässigkeit in der Anatomie und zeigt in den einzigen Collegia, von denen er etwas versteht, nämlich von der Geburtshilfe, seinen Geiz. Alle Studenten waren froh, als sie vernahmen, Z. übernehme die Anatomie-Professur. Z. bat Werlhof um Untersuchung der ganzen Angelegenheit. Von den Verleumdungen Roederers bleibt aber sicher etwas hängen. Die Buchdrucker wollen in Anbetracht des Krieges nur kleinere Sachen drucken. Es ist unbefriedigend, Arbeiten für die GdW Göttingen zu schreiben, die dann nur die Mitglieder in der Vorlesung zu hören bekommen, die aber nicht gedruckt werden. Legt dem Brief vom ein Projekt der Edition der Werke von Celsus, verfasst von G. Matthiae [K], bei. Betr. der Finanzierung der ref. Kirche (L. Kulenkamp [K]). Betr. einer Neuausgabe von AvH.s Lehrbuch der Physiologie. Zur Besetzung der Stadt durch die Franzosen. Z. leidet unter rheumatischen Beschwerden und einem leichten Fieber, das ihn jeden Winter einige Wochen befällt. Botanische Arbeiten [1758].Z.
Notizen zu weiteren Briefinhalten
Zu Z.s Position in Göttingen vgl. <Thode 1979>, S. 99-111Exzerpte zur Irritabilität gespeichert unter M:\faust3\daten\zinn.doc [hs/09/99]
Zitiervorschlag für diese Ansicht

"Zinn, Johann Gottfried (1727-1759)", hallerNet, https://hallernet.org/data/person/01168,aufgerufen am 06.07.2025.