Oekonomische Gesellschaft von Bern
Kurze wie auch lange Aufenthalte im Ausland,
wie beispielsweise auf der Grand Tour oder im Solddienst in der Fremde,
brachten auch neue Ideen, Verhaltensweisen und Techniken in die Heimat.
Gegen Ende des 17. Jahrhunderts kopierten die Berner Patrizier zunehmend die französischen Gesellschaften.
Die Männer trafen sich nicht mehr in den Zunftstuben oder im Schützenhaus,
sondern in privaten Räumen. Während sich vorher die Männer verschiedenen Standes noch im Zunfthaus getroffen und ausgetauscht hatten,
blieben nun die Patrizier mit ihren gesellschaftlichen Umgangsformen in ihren Sozietäten unter sich.
Dadurch waren die Patrizierinnen als Gäste sowie Gastgeberinnen in den Gesellschaften im Gegensatz zu den Zunftstuben jetzt nicht nur willkommen,
sondern ein wichtiger Bestandteil.
Julie Bondeli wurde beispielsweise zu einer bedeutenden Salonnière und ihre Treffen wurden
zu einem Zentrum für das aufgeklärte Bern zwischen dem Ende der 1750er und dem Anfang der 1760er Jahre.
Tscharner war beispielsweise ein regelmässiger Gast bei Bondeli,
während Haller diese Gesellschaft wegen dem französisch-aristokratischen Charakter mied.
Diese Sozietäten in Bern hatten für viele Zeitgenossen und später für Historiker bis ins 20. Jahrhundert einen dekadenten Beigeschmack.
Im Vergleich zu den anderen Sozietäten des 18. Jahrhunderts besass die
Oekonomische Gesellschaft von Bern eher eine praxisorientierte Reputation.
Die Gesellschaft wurde im Januar 1759 gegründet. Die Gebrüder Tscharner übernahmen darin auch aktive Rollen.
Neben landwirtschaftlichen Anliegen wurden auch andere Themen behandelt.
Tscharner verfasste mindestens sechs Beiträge für die Oekonomische Gesellschaft.
Darunter die anonym veröffentlichte, aber seiner Feder zugeschriebene, Vorrede von 1762.
Diese kann als Leitbild dieser Gesellschaft betrachtet werden. Hierbei legte er im Text
immer wieder das Augenmerk auf diverse positive Entwicklungen und deren Auswirkungen für die Bevölkerung.
Obwohl die meisten Mitglieder dieser Gesellschaft selber Ländereien und somit auch Interesse
an deren rentableren Bewirtschaftung besassen, bekam diese Sozietät gerade durch ihre Publikationen
und Beiträge einen patriotischen sowie philantropischen Charakter.
Tscharners Vorrede von 1762 verdeutlichte, dass sich die Sozietät an bereits bestehenden ausländischen Organisationen orientierte
(u.a. in Dublin, Edinburgh,
Kopenhagen, der Bretagne, etc.),
später standen viele dieser Sozietäten mit der Oekonomischen Gesellschaft Bern in Kontakt.
Nachdem es misslungen war, eine Zweigstelle der Gesellschaft in der Umgebung von Roche zu etablieren,
versuchte Tscharner, Haller zumindest als Mitglied zu gewinnen.
Denn vor allem seine internationale Reputation konnte für die Sozietät von Nutzen sein.
Haller nahm Tscharners Einladung an und wurde 1762 Mitglied der Oekonomischen Gesellschaft
in Bern und übernahm vier Jahre später zum ersten Mal den Posten des Präsidenten.
Zusätzlich verfasste Haller genau wie die Tscharners Beiträge für die Gesellschaft.
Ein Beispiel ist ein Katalog der helvetischen Bäume.
Bei dieser schriftlichen Abhandlung zeigt sich auch eine der Stärken der Oekonomischen Gesellschaft,
die Publikationen wurden von Anfang an zweisprachig in französischer und deutscher Sprache abgefasst.
Allerdings verlief die Übersetzungs- respektive die Korrekturarbeit nicht immer problemlos.
So wurden Hallers Memoiren durch Tscharner an Heinrich Wüest mit den entsprechenden Korrekturen versandt.
Mehr als zwei Monate später erwähnte Haller gegenüber Tscharner skeptisch, dass er nichts mehr von Wüest gehört habe.
Tscharner bestätigte, dass er durch Johann Jakob Dick erfahren habe,
dass Wüest der Aufgabe als Übersetzer nicht gewachsen ist.
Haller empörte sich über Wüests Verhalten, schrieb aber, dass er selbst dafür keine Zeit finde.
Im Januar 1763 reagierte Tscharner und übergab die Aufgabe für die Übersetzungen an Hallers Sohn,
Gottlieb Emanuel.
Im gleichen Schreiben an Haller präsentierte Tscharner die Preisausschreibungen
der Oekonomischen Gesellschaft für das kommende Jahr 1764.
Ein Anliegen, welches durch die Oekonomische Gesellschaft behandelt wurde und in einem Briefe von Tscharner an Haller vorkommt,
war die Erste Hilfe für Ertrinkende.
Zwar wurde bereits 1765 Hallers Bericht,
wie die aus dem Wasser gezogenen Menschen wieder zu sich selbst gebracht,
und ihr Leben erhalten werde könne
des bernischen Sanitätsrates gedruckt, diese war aber in Tscharners Augen bereits revidierungswürdig.
Tscharner schlug die Verteilung und den Einsatz von Räucherungsgeräten (Fumigateurs) vor und hoffte,
dass Haller am effizientesten solche neue Methoden einführen könnte.
Dieser beschaffte sich ein solches Gerät aus Holland und erweiterte seine Abhandlung von 1765 mit einer Anleitung des Fumigateurs.
Diese erneuerte Publikation erschien bereits am 26. Juni 1776, fast ein Jahr nach Tscharners Impuls.
Zudem schrieb die Oekonomische Gesellschaft eine Prämie für die Anwendung der in Holland,
Frankreich,
etc. eingeführten Rettungsmassnahmen aus.