Albrecht Hallers Berner Krankenjournal (1731-1736)
hg. von Urs Boschung, hallerNet 2023

80 Steiger (w.)-Braun, Anna Barbara (†1734)

Übersicht
  • Im Journal ist die Behandlung der kranken Frau des Schultheissen mit rund 120 oft zweimal täglich notierten Eintragungen der am ausführlichsten dokumentierte „Fall“. Vom Februar bis April 1733 steht Gliederschmerz im Vordergrund, von Dezember 1733 bis Februar 1733 zunehmende Wassersucht, an der die Patientin am 26. Februar 1734 stirbt. Haller ist einer von mehreren zugezogenen Ärzten: Die Behandlung führt Dr. Samuel Steck (1686-1750), den Haller kurze Zeit vertritt und dessen Medikamenteneinsatz er zu beeinflussen sucht. Eher im Hintergrund scheint Dr. Samuel Herzog (1673-1742), der älteste der drei Ärzte, zu stehen. Die Art und Weise ihrer Zusammenarbeit verläuft unterschiedlich und wechselt zwischen „gemeinsamer Übereinkunft“ und offener Meinungsverschiedenheit.
  • 1733: Im Februar tritt bei Frau Steiger, Gemahlin des Herrn Schultheissen, 60-jährig und älter und gewöhnt an Gliederschmerzen, stechender Brustschmerz auf, nachdem sie an Husten und Katarrh erkrankt ist. Nach einem Aderlass und Abführmitteln geht es zunächst besser. Mit Verdauungsstörungen und Schmerzen im Rücken und in den Gliedern folgen Wochen wechselnden Befindens mit Magenverstimmung, Blähungen, gestörtem Schlaf und ständig zu bekämpfter Verstopfung. An der intensiven Betreuung und Behandlung ist auch Dr. Steck beteiligt, später zudem Dr. Herzog. Gegen die Gliederschmerzen wird eine mit Medikamenten bewirkte Schwitzkur durchgeführt, mit wechselndem Erfolg. Im März kann sie zeitweise das Bett verlassen, weist alle Medikamente zurück, bekommt Streit mit Dr. Steck. Im April geht es nach und nach wieder besser, am 12. wird sie von Haller entlassen. – Im Dezember treten bei der Gemahlin des Schultheissen Schwellung der Füsse, Husten, Atemnot, spärlicher Urin und Schwäche auf. Die Ärzte Herzog, Steck und Haller beraten das Vorgehen. Haller besteht auf harntreibenden Salzen und Stärkungsmitteln. Die Harnmenge lässt sich jedoch nicht genügend steigern, so dass der Körper mit Abführmitteln erleichtert werden soll.
  • 1734: Im Januar scheint es nur kurze Zeit, dass mit milden Abführmitteln die Schwellung vermindert werden kann. Am 26. notiert Haller, dass die Gemahlin des Schultheissen am Vortag einen Schlaganfall erlitten hat. Nach und nach kommt sie wieder zu sich. Erneut weist sie die Mittel von Steck zurück. Im Februar sind Hallers Angaben lückenhaft, er scheint an der Behandlung der oft wie betäubt daliegenden Kranken nur am Rand beteiligt zu sein. Nach einem zweiten Schlaganfall stirbt Frau Steiger am 26. Februar 1734.
Zeitraum Anzahl Einträge Beschwerden, Befunde, Diagnosen
1733-1734 118 Total
1733 94 Gliederschmerzen; stechender Brustschmerz, Fieber, Angst; Schmerz zwischen den Schulterblättern, Magenbeschwerden, Urinbeschwerden; befindet sich vortrefflich, endlich entlassen
1733/34 24 Anschwellen der Füsse, Husten, erschwerte Atmung, wenig Urin; Schlaganfall, Durchfall, Schläfrigkeit, Schlaganfall; Tod am 27.2.1734

Beteiligt: Dr. S. Steck; Dr. S. Herzog

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