106 Willading-Stürler, Margarethe (1733, 1735)
Zeitraum | Anzahl Einträge | Beschwerden, Befunde, Diagnosen |
---|---|---|
1733-1735 | 3 | Total |
1733 | 1 | Vollblütigkeit |
1735 | 2 | Überdruss, Verzweiflung, „Schwäche des nervösen Systems“ |
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Zur Zuordnung
Hallers Angabe „Frau Willading“ erlaubt keine eindeutige Zuordnung. Ein früheres Gemütsleiden der „vollblütigen schwelgerischen“ Dame sei durch eine Geburt und eine ausgelassene Lebensweise vertrieben worden [2071]. Von sehr günstiger Wirkung sei die Teilnahme am Ball des „Prinzen von Hessen“ im Herbst 1735 gewesen [2072].
In Frage kommt in erster Linie Margarethe Willading-Stürler, im Eherodel 1716 genannt „Marquise Stürler“.
Der jugendliche „Prinz von Hessen“, Friedrich II. (1720-1785), ab 1760 Landgraf von Hessen-Kassel, besuchte von 1732 bis 1737 die Genfer Akademie. Als Prinzenerzieher wirkte der Lausanner Philosophie- und Mathematikprofessor Jean-Pierre de Crousaz (1663-1748). (La Harpe, Jacqueline de, Jean-Pierre de Crousaz et le conflit des idées au siècle des Lumières, Genève 1955, passim; Both, Wolf v., Vogel, Hans, Landgraf Friedrich II. von Hessen-Kassel. Ein Fürst der Zopfzeit. [München] 1973, S. 9-11).
Die Durchreise des Prinzen beschäftigte den Berner Rat in ausserordentlichem Masse, dies bereits 1732, als der Prinz seinen Aufenthalt in Genf antrat, jedoch allem Anschein nach seine Reiseroute nicht über Bern führte.
12.9.1732: „Nachdem(m)e Jhr Gnd. die Nachricht erhalten daß Jhr Pr.Hh.t des dißmahligen by Jhr Königl. Mayst. in Schweden stehendten Regenten zu HeßenCaßell Printz Wilhelm einziger zwölffjähriger Printz hierdurch undt nach Genff reisen werde, habendt dieselbe dero Gedanken wallten laßen, was vor Ehr disem Jungen Printzen zu erweisen undt endtlichen befunden, weilen man(n) nit eigentlich wüße, ob er sich zu erken(n)en geben, oder aber incognito durchreisen? zu erwarten, wie gedachter Printz sich angeben werde.“ (RM 136, S. 499). Bereits am 10.9.1732 hatte der Rat in der Kanzlei nachschlagen lassen, „[...] wie die dißmahlige Königl. Mayst., alls er alls Heßen Caßlischer ErbPrintz zu erst in hiesige landt kom(m)en, empfangen worden.“ (RM 136, S. 488) – Auf seiner Kavalierstour 1696 hielt Friedrich, Erbprinz von Hessen Kassel (1676-1751), 1720-1751 König von Schweden, 1730-1751 zugleich Landgraf von Hessen-Kassel, in Genf und Zürich auf (E. Bender, Die Bildungs- und Kavaliersreise des Landgrafen Friedrich I. von Hessen-Kassel, Hessisches Jb. für Landesgeschichte, Bd. 48, 1998; Hofmeister Alexander Rolaz du Rosey [Leu 15, S. 366])
Im Dezember 1734 verfügte sich Prinz Friedrich wegen Unruhen in Genf für einige Zeit nach Rolle und Lausanne, wie die dortigen Landvögte dem Rat meldeten (RM 145, S. 311 f., 317, 353).
Ende Oktober 1735 zeichnete sich ab, dass Prinz Friedrich in Bern zu erwarten sei. Am Montag, 7.11.1735 beauftragte der Rat den TeutschSeckelmeister und die Venner: „Zedel An MehH. T. Q. et T. Dem Bericht nach soll Jhr Durchleücht Printz Wilhelm von Heßen-Cassel künfftigen Donstag [10.11.] oder Frytag [11.11.] allhier Ankom(m)en: Derowegen MegH. Sie MehH. fründtlich ansin(n)end, was für ein Ceremoniale zu observieren? und was zu thuen? Jhre weise gedanken walten zu laßen, das Befinden aber MngH. allenfahls auff Mitwochen zu widerbringen.“ – Schultheiss v. Erlach, „dißmal zu Hindelbank“, wurde davon Nachricht erteilt. (RM 148, S. 496)
Am Mittwoch, 9.11.1735 wurden der Kommandant von Aarburg und die Amtleute in Lenzburg und Burgdorf instruiert, wie der Prinz zu bewillkommnen sei. Auch die Landvögte entlang der Route von Murten bis Nyon erhielten entsprechende Anweisungen. Den Empfang des Prinzen in der Stadt regelte der Rat wie folgt:
„Zedel An Hrn. StattMajoren. Diesem befehlen MgH.“[...] zu veranstalten, daß ein StattLieutenant mit 40. Man(n), schön und sauber gekleidet, by dem Undtern Thor Parade machen, und zwey Tambours den March schlagind; Ein gleiches dan(n) by Jhr Durchl.t abreise by dem Thor, wo Selbe außfahren wird, zu veranstalten, wie zu thun Er wüßen werde.“
Zedel An MehgH, Hrn. AltCons. Steiger, Hrn. W. Q. Morlot, Hrn. AltSaltzDirectoren Tillier, und Hrn. Zeügherrn Hakbrett. Nachdem(m)e MngH. der Bericht ertheilt worden, [502] Daß Jhr Durchl. Printz Fridrich von Heßen Cassel, alß Sohn Jhr Durchl. Printz Wilhelms, und Neveu Jhr Königl. May. von Schweden, auch Praesumptiver Landgraff von HeßenCassel hier ankom(m)en soll: Habend MegH. in Erin(n)erung der von disem Durchleüchtigen Hause bereits emfangnen Zeichen dero Wohlwollenheit und Affection, auch daß nit zu zweyflen, Sie werdindt dero Geneigheit gegen hiesigen Stand fortsezen, der Gebühr Angemeßen befunden, Jhr Durchl. Printz Fridrich Höfflichkeiten erweisen, und Nahmens MrgH. beneventieren zu laßen; Maßen Jhr Gn. hierzu Sie MehgH. wie auch sechs Ehrenglider vom Großen Raht verordnet, bemelten Herren in Nahmen hiesigen Stands zu Complimentieren, wann MnhH. Statthalter Sin(n)er Sie avertieren wird, daß Jhr Durchl. Sich angeben laßen. Da dan(n) Sie MehgH. die Stund vernem(m)en sollind, wan(n) Sie kön(n)ind Audientz haben, undt dan(n) in Begleit Hrn. Großweibel, Grichtschreibers und Am(m)an sich ins Logement verfüegen, und die Bewillkom(m)nung ablegen werden, worby Jhr Gn. Jhnen MnhgH. den Verordneten vom Raht überlaßen wollind, die sechs Ehrenglider vom Großen Raht auszuwählen und zuzuzeüchen, welchemnach Jhr gn. auch erken(n)t, [503] daß Ihr Durchl Printz Fridrich sambt seiner Suite in Nahmen deß Stands tractiert, by den Gesundheiten mit Stuken geschoßen, übrigens disem Printzen während Seinem hiesigen Auffenthalt so weit möglich, angenehme Lustbahrkeiten procuriert, Er auch, samt seiner Suite für sothanen Auffenthalt allhier gastfrey gehalten werden solle; woby zum Bericht diene, daß Jhr gn. MehH. Zeügher Hakbrett angeson(n)en, 12. Canonen an gutfindendes ort führen zu laßen, wohin aber? den(n)e wie die Gesundheiten [gestr.? „abzutheilen?“] zu trinken? und wie Manches stuk by Jeglicher zu Lösen? auch was sonst etwan(n) für Veranstaltungen zu Vollführung MrgH. Jntents zu thun? habendt Selbige Jhnen MnhgH. zu verordnen überlaßen,, und deßen Sie hierdurch Nachrichtl. verstendigen wollen.“ – Entsprechende Zedel an Statthalter Sinner und Zeugherr Hakbrett. (RM 148, S. 500-504).
Betitelt: „Zeremoniale wie Jhre Durchlaucht Prinz Friedrich von Hessen-Kassel zu bewillkommnen sei, Abgefasst den 10. November 1735“ hat sich ein handschriftliche Dokument erhalten in den „Miscellanea“ von Gottlieb Imhof (1704-1784) (BBB, Mss. h. h. XLVIII 123, unpag.); es wurde publiziert in Engelhard, J. F. L. [Johann Friedrich Ludwig], Geschichtliche Miszellen aus dem achtzehnten Jahrhunderte. Berner Taschenbuch auf das Jahr 1859, Bern 1859, S. 218-226. Das „Zeremoniale“ endet mit der Bestimmung:
„Uebrigens wären Jhro Gnaden Willens, daß Jhrer Durchlaucht mit angenehmen Lustbarkeiten aufgewartet werde, als ist Hr. T[eutsch] Seckelmeister May, Hr. von Dießbach und Hr. Schultheiß Steiger aufgetragen worden, die Anstalten zu einem Balle auf dem Rathhause des äußern Standes zu verfügen.“ (S. 226)
Die „Donnstags-Nachrichten von Zürich“ vom 17.11.1735 melden aus Bern:
„Den 11. diß zwischen 5. und 6. Uhren ist Jhro Durchl. Printz Friedrich von Hessen-Cassel / unter Rührung der Trommel / in einer mit 6 Pferden bespannten Kutschen / zu Bern ankommen / und ward den 12. in seinem Quartier / bey dem Falcken / durch einiche Herren Deputirte unter Begleit einicher junger Herren / imNahmen des Hohen Stands complimentirt.“
Wegen „Tractation und samtlicher Aufwahrt deß Durchleuchtigsten Prinzen Friedrich von Heßen Caßel“ verzeichnet die Stands-Rechnung 1734-1735 des Seckelmeister Teutscher Landen Friedrich v. Werth Gesamtkosten von 2246 Kronen 4 bz. 2 krz. (StA Bern, B VII 616, S. 113).
Ergänzende biographische Informationen
Johann Rudolf Willading (1681-1750) (vR 34)
Eltern: Karl Willading (1653-1708) (vR 24), Ratsexspektant 1678, CC 1680, Unterschreiber 1684, Rathausammann 1685, Vogt in Wangen 1692, Ratsherr 1701, Bauherr 1706, ⚭ 1676 Katharina Sinner (Eltern: Johann Rudolf Sinner (1632-1708) (vR 13), Schultheiss, ⚭ 1655 Katharina Hackbrett)
~ 12.4.1681: „1681 (Dienstag) d(en) 12. Aprilis, Ein Johann Rodolff, P.: Hr. Carolus Willading,, Fr. Catharina Sin(n)er, T.: Hr. Jacob Wyß, altvogt von Erlach, H. Anthonj Herport, Pred. zu Wang., Fr. Cathrina Dübelbeis ein[e] vermählete Heerportin“ (B XIII 525, S. 339)
Akademie Bern, promoviert „ad lectiones publicas“ 1695 (StA Bern, B III 1010, S. 135), CC 1710, Landvogt in Baden 1717, Landvogt in Romainmôtier 1720, Oberst im Pays de Vaud 1728, Oberst der Berner Truppen im Zug nach Genf 1748
⚭ „1716 [...] Den 15ten Aprill, allda, Willading Johann Rudolf, Major und Marquise Stürler [106]“ (BBB, Eherodel Bd. 6, S. 127)
† 15.3.1750: „1750 [...] Merz [...] 15. Herr Johan(n) Rodolph Willading, alt Landvogt von Romainmotier, alt 69. Jahr [begraben] 18.“ (B XIII 535, S. 128)
106 Margarethe Willading-Stürler
Eltern: Vinzenz Stürler (1662-1734) (vR 41) ⚭ 1695 Marguerite Tallon (1674-1711) (Eltern: Pierre Tallon, Marque-Anne de las Cases) (BG). -> HLS Online (Verf. Hans Braun) (abweichende Angaben).
Mit „Margarethe de Talon“ hielten in Bern „fremde Sitten“ Einzug. Ihre Tochter, „[...] Frau Landvögtin Willading von Romainmotier [war] zu ihrer Zeit die eleganteste Dame von Bern“ (Wagner, Sigmund von, Novae Deliciae Urbis Bernae oder das goldene Zeitalter Berns, Neues Berner Taschenbuch für das Jahr 1916, 21, S. 241-247, S. 279, Anm. 14).
Taufpatin von Berchtold Haller [41.5].
* ? † ?, nicht im Berner Tauf- und Totenrodel.
Kinder
Maria Margarethe (1717-1752) (nach vR)
~ , † nicht im Berner Taufrodel und Totenrodel
⚭ 1735, o/o 1749 Anton Heinrich v. Gingins (1702-1791) (vR 27), Herr zu Villars, CC 1735, Landvogt zu Bipp 1747
Marianne Charlotte (1720-)
~ 21.4.1720: „ 1720 [...] d(en) 21 Aprilis P: Herr Johann Rodolff Willading, new erwehlter Landvogt nach Romainmôtier, Fr. Marquise Stürler, Marian(n)e Charlotte, T: Jr. Anthonj Lombach, Oberst, DucV., Fr. Maria Magdalena Frisching, geb. Bondeli, Fr. Johanna Catharina Magran geb. von Büren“ (B XIII 528, S. 243)
⚭ 1736, o/o 1739 Emanuel v. Wattenwyl (1693-1766) (vR 101) ), Hauptmann in holländischen Diensten 1729, CC 1735, Oberst im Regiment Stürler 1747, Generalmajor 1754, Vogt in Köniz 1754; ⚭ 2 1740 Franziska Susanna Maria Warnery. -> HLS Online (Verf. Hans Braun).
Der Charakterisierung Hallers scheint weniger zu entsprechen:
Marianne Willading-Thormann (1707-1781)
Eltern: Johann Rudolf Thormann (1672-1742) (vR 41) [89], ⚭ 1697 Elisabeth v. Wattenwyl; Schwägerin von Anna Magdalena Thormann-Stettler [90.1]
⚭ „1727 [...] Den 29ten Augstmonat, zu Aarwangen, Willading Augustin, Hauptmann und Marianne Thormann, Herrn Landvogts von daselbst, Tochter“ (BBB, Eherodel Bd. 6, S. 209)
Augustin Willading (1689-1768) (vR 33), CC 1727, Hauptmann in holländischen Diensten 1729-1741, Vogt zu Frienisberg 1744, Oberst im Land, Kastlan zu Zweisimmen 1765
1727-1750 elf Geburten